Leben wie im Knast: Ein Wochenende im Selbstversuch

© Sarah Kampitsch

© Sarah Kampitsch

Wie fühlt es sich an, im Knast zu leben? Nach den Instruktionen eines Häftlings im US-Todestrakt habe ich ein Wochenend-Experiment gewagt. Es war kritisch. #futtertestet

Meine Kollegin Claudia unterhält Brieffreundschaften mit Gefängnisinsassen in den Vereinigten Staaten. Es sind mitreißende Geschichten, die sie erzählen. Geschichten von Individuen, die oft nur einen Fehler gemacht haben, für den sie nun ihr Leben lang büßen — und teilweise sogar mit ihrem Leben. Travis Runnels ist ein solcher Kandidat: Nach einer hohen Haftstrafe für einen bewaffneten Überfall ohne Verletzte erstach er im Gefängnis einen Aufseher und muss nun damit rechnen, bis Ende des Jahres nicht mehr zu leben. Der Alltag im Knast ist grau. Wie es sich anfühlt, fragte ihn Claudia, wie man sich einen typischen Tag vorstellen kann. Als Antwort gab Travis Instruktionen für einen Selbstversuch (frei übersetzt aus dem Englischen):

„Ich empfehle einen Selbstversuch in einem Zimmer oder Badezimmer. (…) Um 17:00 Uhr am Freitag würdest du in den Raum oder das Bad gehen, zuerst muss aber alles darin entfernt werden. Im Raum darf eine Matratze sein, zwei Laken, ein Buch und ein Magazin. Du musst bis Sonntag 17:00 Uhr in diesem Raum bleiben. Du darfst mit niemandem sprechen und nicht rauskommen (außer aufs Klo, wenn du in einem Zimmer bist). Eine Person zuhause gibt dir dreimal am Tag eine Mahlzeit in einem Beutel hinein: Zwei Sandwiches, dreimal am Tag. Sie öffnet die Tür, wirft den Beutel rein und macht die Tür wieder zu.“

Travis würde mittlerweile zwar ganz okay leben, mit eigenem Wasserkocher, Radio und seiner Schreibmaschine, aber er hätte es auch schon wesentlich schlimmer gehabt: Etwa als er mehrere Tage nackt in einem kahlen Raum verbrachte. Zum Reinfühlen sollte der Versuch genügen. Also mach ich das jetzt.

Sarah Kampitsch